Ich hetze die Treppe hoch – soweit ich das noch kann, also einen Fuß hoch, den anderen auf dieselbe Stufe, den ersten Fuß wieder hoch. Affenzahn kann man es nicht nennen, Schneckentempo ist es aber auch nicht. Sieht wahrscheinlich aus wie die Wanderungen des schottischen Wolpertingers namens Haggis. Bei dem ist nämlich angeblich ein Bein kürzer, damit er am Berg seitlich entlanglaufen kann. Das Resultat ist auf jeden Fall: mein Herz schlägt wie wahnsinnig.

Manchmal macht so ein Herzerl allerdings auch Eskapaden. Dann kriegt es einen Schrittmacher, damit es sich wieder benimmt. Hoffentlich brauch ich das nicht auch irgendwann. Meinen Ex hat es gerade ereilt.

Auf flachem Terrain kann ich relativ gut laufen, aber kommt auch nur die geringfügigste Steigung: Herzrasen, rotes Gesicht, Schweißausbrüche. Seit frühester Kindheit. Da liegt ein Fehler vor. Aber Hauptsache, ich hab ein Herz. Ein Herz für viele, ein Herz für Freunde, ein Herz für Dich und mich. Vor allem für mich natürlich, ich Egoist. Von Euch allen brauche ausgerechnet ich mein Herz am meisten, ihr habt ja eure!

Ich wasche das Geschirr, auf einmal sehe ich aus dem Augenwinkel was übers Waschbecken huschen, was Braunes, Undefinierbares. Mein Herz stolpert und fängt an zu rasen! Bis ich feststelle, es war nur die Aufhängschnur meiner Spülbürste und keine grässliche Riesenspinne. Puh. Cool down, kein Grund zur Panik! Auf die Art von Überraschung kann ich jedoch ganz gut verzichten.

Trotzdem: Pumperlgsund bin ich also, denn solange das Herz noch schlägt, ist alles gut!

Wenn du schreibst, ich komm morgen vorbei: Herzklopfen. Die gute Art. Die allerschönste! Vorfreude! Was, wenn es die nicht gäbe. Die hält den ganzen Tag vor, auch wenn das Herz nicht 24 Stunden auf Volltouren mit zum Platzen gefüllten Adern dahinrast, zum Glück. So viel Freude könnte dann doch niemand aushalten.

© 2024 Manuela Hoffmann-Maleki (Letteratour) – Ich. Einfach unver-besserlich.