Willkommen zu meiner Abendrundschau! Heute war ein vielseitiger Tag. Zunächst war ich wieder auf dem Flohmarkt in Argual. Dort traf ich mittlerweile ein paar bekannte Gestalten – ich wurde wiedererkannt und freudig begrüßt. Die ältere Dame von neulich wusste noch, wie ich heiße, diejenige, die die Kette für mich basteln wollte, hatte den Auftrag total vergessen (dafür habe ich wo anders eine ganz hübsche Kette gefunden und noch so einiges), und Leon hatte wieder seinen Kunststand, an dem ich dann heute auch wieder ein bisschen herumdilettierte. Wieder etwas Neues – diesmal Stempelabdrücke in die Bilder einpassen. Und morgen lauf ich ihm schon wieder über den Weg, und zwar absichtlich, da ist Aquarellkurs in der Caldera.
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Der heutige Morgen stand nochmal im Zeichen der Raunachtsüberlegungen. Ich habe alle blöden Erlebnisse und Vorkommnisse, die mich im letzten Jahr bedrückt haben, aufgeschrieben, auf einem anderen Zettel habe ich dann den Kontrapunkt dazu notiert, so dass das Widernis nicht mehr auftritt – z.B.: “Meine Freunde hatten 2024 so viel Leid in ihrem Leben, das hat auch mich runtergezogen” – und ins Gegenteil verwandelt: “Meine Freunde haben 2025 so viel Freude in ihrem Leben, dass es mein Herz erhebt”. Den Miesmacherzettel habe ich dann verbrannt. Das war einmal. Jetzt ist es vorbei, ab jetzt wird alles gut und rein!
Eine der besten Ideen überhaupt war, heute an diesem Zeichenkurs von Leon Sieber teilzunehmen, den ich auf dem Flohmarkt kennengelernt hatte: „Skizzen kritzeln“. Ich war ja bislang der Meinung, dass das Zeichen- und Malergen in unserer Familie leider eine Generation übersprungen hat. In dem Kurs unter dem schönen Bougainvillea-Bogen vor der Kirche San Miguel in Tazacorte (die ich heute auch endlich mal von innen gesehen habe) wurde ich zwar nicht direkt eines Besseren belehrt, aber ich hatte jedenfalls riesig viel Spaß am Tun! So viel, dass ich das vermehren möchte und noch weitere Termine ausgemacht habe.
Nachdem ich heute morgen mit meinem Liebsten über 4000 km Entfernung per Zoom gemeinsam gefrühstückt hatte, beschloss ich, auch wenn das Wetter heute nicht so arg vielversprechend aussah, wieder in dieselbe Richtung wie gestern zu fahren. Dort gibt es in nächster Nähe einen weiteren Strand. Sein Name klang mysteriös-verheißungsvoll: Charco Verde. Grüne Pfütze hab ich das übersetzt. Vielleicht ein lebensgefährlicher Chemiecocktail? Bei dem es einem sofort die Haut ablöst, wenn man da ins Wasser geht? Jedenfalls hatte ich vermutet, dass dort irgendwas Grünes ist. Wasser oder Land.
Amarilla hatte sich einen Wecker gestellt. In fünf Minuten wollte sie das Haus verlassen und sich mit Ernesto treffen. Sie zog ihre Lippen noch sorgfältig mit dem Lipliner nach und tupfte mit einem Taschentuch ab, reinigte ihre Fingernägel, wusch sich danach die Hände, kämmte nochmal ihre Haare, warf einen letzten Blick auf ihre nackten Beine in den Pumps, rasierte rasch ein einzelnes Haar ab, das verwegen abstand, obwohl alle anderen brav unter der Sense eingeknickt waren, und knöpfte vor dem Spiegel ihren feschen Blazer zu, damit er ja nicht schief säße.
Auf einmal fiel ihr ein: für wen machte sie das eigentlich? Für Ernesto, der sich vor den Treffen nicht mal die Zähne putzte, nur sehr gelegentlich duschte und bestimmt wieder ganz schmutzige Schuhe anhatte? Auf der Hose konnte man meist Fettflecken von seinem letzten Frittenkonsum erkennen. Wieso tat sie das eigentlich? Für ihn oder für sich?
Sie stellte fest, dass sie es für ihn tat, wenn sie ganz ehrlich war. Für sich selbst musste sie nicht perfekt sein. Und plötzlich überkam sie die Wut. Sie nahm ein weiteres Tuch, wischte sich den Lippenstift vom Mund, schmierte eine Kajallinie rund um die Augen, die am rechten Auge anders wurde als am linken, wühlte mit beiden Händen in ihren Haaren, zog den Blazer aus und eine grobgestrickte Jacke an, die gemütlich, aber nicht sonderlich fein war. Schlüpfte aus den Pumps und zog die bequemen Birkenstock-Latschen an. Dann packte sie die Sachen aus der feinen Handtasche in ihren kleinen praktischen Rucksack und trat vor die Tür. “Take it or leave it. Wenn du heute irgendwas Falsches sagst, war es das, Ernesto! Ab sofort bin ich ich – genau so, wie ich grade sein mag und nicht, wie du mich haben willst. So.“
© 2024 Manuela Hoffmann-Maleki (Letteratour) – Ich. Einfach unver-besserlich.
Heute gibt es mal nicht so viel zu berichten. Erstens: es ist immer noch Weihnachten. Zweitens: ich bekomme davon immer noch so gut wie gar nichts mit, heute noch weniger als gestern. Drittens: ich habe mal versucht, meinen Einzugsbereich oder eher Auszugsbereich in die andere Richtung zu erweitern. Meine Fahrt führte wiederum durch die vom Vulkan geschlagene Schneise der Verwüstung, die bedrohlichen schwarzen Lavabrocken, die mir nun bereits bekannt sind wie alte Feinde. Vielleicht sind die auch gar nicht so steinhart wie ich dachte, sondern bergen fruchtbare Erde in sich? Das wäre zu hoffen. Aussehen tut es jedenfalls fürchterlich und lebensunfreundlich.