Emil schwamm mal wieder. Alles schwamm in diesem Büro. Keiner wusste genau, was er tun sollte, noch wer die angefangenen Arbeiten im nächsten Schritt weiterbearbeiten würde. Mit dem restlichen Vorgang wurde irgendwie stets ein anderer betraut, so dass die linke Hand nicht wusste, was die rechte tat.
Emil hatte hier lange zugesehen und war der Einzige, der die Dinge halbwegs unter Kontrolle hatte, denn er hatte ein phänomenales Gedächtnis. Hatte er irgendeinen Arbeitsablauf bereits einmal erledigt, der so ähnlich war wie das anstehende Problem, das er jetzt lösen musste, so konnte er sich jedes noch so kleine Detail ins Gedächtnis rufen. Da es damals geklappt hatte, würde es auch diesmal in genau derselben Weise funktionieren. So war er der Einzige in der Arbeit, der stets gut gelaunt war und schräg vor sich hinpfiff, was die anderen mit Befremden zur Kenntnis nahmen, auch wenn sie es akzeptieren mussten. Denn Emil wurde oftmals vom Chef gelobt.
An Weihnachten wollten sie ihm aber alle einmal zeigen, was sie von ihm hielten. Am letzten Tag stand ein Päckchen auf seinem Tisch, eingewickelt in ein billiges Nullachtfuffzehn-Papier. Darin befand sich ein Briefbeschwerer aus Messing in Form eines gehörnten Waldbewohners. Auf der dazugehörigen Karte stand in aus der Zeitung ausgeschnittenen einzelnen Wörtern bzw. Buchstabengruppen: „Sie sind der Leitwolf in dieser Suppe, selbst wenn Sie ein Hirsch sind“. Während ihn alle heimlich beobachteten, überlegte Emil sich, ob er sich freuen oder ärgern sollte. Er musste erstmal die Feiertage drüber schlafen.
Am ersten Tag nach dem Betriebsurlaub erschien er in braunem Anzug im Büro mit einem Hirschgeweih auf dem Kopf und allerbester Laune. Wie du und ich hatte er schon als Kind gelernt, genau so zu werden, wie es die anderen von ihm behaupteten und diese Nische vollends auszufüllen. Er setzte sich an seinen Tisch und bellte heiser.