Die heutigen Aushäusigkeiten habe ich schon früh hinter mich gebracht. Ich musste doch nach Los Llanos, um mein Auto umzutauschen. Ich hatte ja auf ein Upgrade spekuliert, nachdem dieser Wagen, den ich hatte, bereits zweimal eine Störung verzeichnete, aber was ich bekam, war genau derselbe Fahrzeugtyp, jedoch mit dem Upgrade, dass der „Neue“ 20.000 km mehr auf dem Buckel hat. Sonst alles wie gehabt. Nur, dass die Kupplung anders eingestellt ist, und man diese fast ganz loslassen muss, um endlich eine Bewegung zu produzieren, weshalb ich am Anfang im ersten Gang da stand wie der Ochs am Berg, das Auto wollte einfach nicht fahren. Ach so, na, dann fährt er doch. Da muss ich mich für die Serpentinenfahrten jetzt umstellen, aber das wird bald in Fleisch und Blut übergehen.

Das war Rückgabe Nummer eins. Für Nummer zwei zwar ich im Einkaufszentrum und gab den Glasöffner zurück, den ich euphorisch erstanden hatte (endlich niemanden mehr fragen müssen, um mein Essen zu öffnen), da er rein gar nichts taugt. Wieder ein Patent auf nix, falls das Ding überhaupt ein Patent hat. Dafür musste ich dann etwas anderes nehmen, und so hab ich mir eine Himalayasalzmühle ausgesucht. Die sollte ich am besten in jedem Restaurant dabei haben, dafür ist sie allerdings zu groß.

Dazwischen habe ich zwei Dinge in Los Llanos erledigen können, die ich schon geplant hatte. Zum einen hatte ich gelesen, dass der Eismacher El Drago am Park Gómez Felipe (neben dem ebenfalls El Drago betitelten Mural – fragt sich, was zuerst da war) so gut sei. Und heute war ich dort, sprach erst Spanisch mit ihm, stellte dann fest, dass das eher nicht seine Muttersprache ist, und wir uns vielleicht besser gleich auf Deutsch unterhalten sollten. Seine Kreationen Feigensahne, Tonkabohne und Avocado probierte ich aus.

Mural neben dem El Drago
Mural neben dem El Drago

Der Eishändler ist eine coole Socke, sieht aus wie ein Original-Aussteiger, oder so, wie die früher aussahen. Seit 20 Jahren mache er das Eis nur aus natürlichen Zutaten ohne Zusätze, auch mit wenig Zucker (was mir sehr entgegenkommt, denn wenn ich jetzt z.B. den zuckerstrotzenden Bienmesabe genannten Nachtisch nur angucke, fallen mir schon fast die Zähne aus dem Mund – die Palmeros haben eine ungewöhnliche Immunität gegen süßen Geschmack – vielleicht weil ja Bananen und Zuckerrohr hier bereits in der Muttermilch nicht wegzudenken sind) und er meinte, es gäbe Leute, die kolportierten, sein Eis sei das beste auf unserem Planeten.

Freilich hat er da eine heftige Konkurrenz bei mir zuhause im Münchner Stadtteil Milbertshofen bei seinem türkischen Kollegen, würde ich mal behaupten, der die Gelateria Romana führt. Der heutige Eismacher ist einer, der nach eigenen Angaben nicht mehr an Karma glaubt, so oft habe er schon Eis verschenkt, und denoch sei er einfach trotzdem nicht reich geworden. Tja, also musste ich wohl löhnen. Immerhin bekam ich noch zwei Probiererl zugesteckt.

Strelitzien von gestern an meinem Fenster und welche im natürlichen Umfeld. Mit Eis vom El Drago
Strelitzien von gestern an meinem Fenster und welche im natürlichen Umfeld. Mit Eis vom El Drago

Im Anschluss besuchte ich Strelitzien in ihrem natürlichen Umfeld im unteren Teil des Parks, der ansonsten in keinster Weise spektakulär ist, außer dass er einen Spielplatz aufweist, der wahrscheinlich vom deutschen TÜV nicht abgenommen würde, da man sich dabei sehr gut einen Schädelbasisbruch oder wenigsten eine Prothese holen könnte.

Gemeingefährlicher Spielplatz
Gemeingefährlicher Spielplatz

Am oberen Ende befindet sich jedoch der Mosaikpark mit Werken, die ebenfalls von Luis Morera stammen, dessen Park ich ja schon in Las Manchas besucht hatte. Hier setzte ich mich gemütlich auf eine Bank und wollte was skizzieren, aaaaber – jetzt erzähle ich euch, weshalb ich euch nicht verrate, wie mir das Eis geschmeckt hat, denn, Schockschwerenot – hier setzte sich ein angetrunkener oder einfach durchgeknallter rotgesichtiger Stadtstreicher zu mir und drohte mir spontan auf spanisch an, mir den Arm abzuhacken, wenn ich sage, dass das Eis gut schmeckt. Ich fragte mehrfach nach, aber auch dann wurde sein Spanisch und seine vernuschelte Zungenschlagaussprache nicht besser, so dass ich nicht mit Sicherheit sagen kann, ob er jetzt wirklich meinte, falls es gut schmeckt oder falls es mir nicht gut schmeckt. So hülle ich mich sicherheitshalber in Schweigen und behalte meine beiden Arme, bin nicht so ganz experimentierfreudig wie sonst. Ich könnte aber empfehlen, selbst hinzufahren und es auszuprobieren. Haltet euch aber vor dem Penner fern.

Ich musste mir dann noch einen (vermutlich geklauten) knallgelben, komplett verknüllten Bikini aus seiner Hosentasche zeigen lassen, der noch das Klebeetikett im Schritt aufwies, und den er mir für 2 Euro unbedingt verscherbeln wollte. War weder meine Größe, noch meine Farbe, und auf Drohungen möchte ich auch nicht weiter eingehen. Also verließ ich diesen ungastlichen Gesellen, der mir dann noch überall hin nachging, aber zum Glück waren in einem anderen Bereich des Parks Leute, und so wurde ich ihn dann los. Aus nicht näher zu erwähnenden Gründen war mir irgendwie die Seelenruhe abhandengekommen und ich fotografierte nur die schönen Stellen des Gartens, anstatt irgendwas zu zeichnen, und machte mich dann auf den Weg. Ich schaffte es dann auch, im 1. Gang von der Stelle zu kommen, und bin zuversichtlich, dass sich das wiederholen lässt.

Beim Einkaufsbummel fiel mir mal wieder auf, wie so viele Leute hier (auch auf Mallorca dasselbe Phänomen) vollkommen selbstvergessen und versunken in Läden vor einem Regal stehen, und keinerlei Notiz davon nehmen, dass man sich dazugesellt hat, und höflich darauf wartet, dass derjenige sich mal einen Schritt wegbewegt, weil keinerlei Möglichkeit besteht, vorbeizukommen. Andererseits stelle ich auch fest, wie Frauen Fußgänger, die nicht schnell genug queren oder Autos, die zögerlich irgendwo hineinfahren, wirklich gehässig aus ihrem Wagen heraus auf Spanisch ankeifen, was um so übler zu hören ist, als hier jeder die Fenster beim Fahren offen hat.

Als ich in Los Llanos dann in einem Café saß und zu später Stunde zweitfrühstückte (ein frischgepresster Karotten-Apfelsaft und ein Schinkenbrot plus Cortado-Winzkaffee), was ich dann auch zeichnete (hier meinte ich, Ruhe zu haben), kam der nächste Stadtstreicher und laberte mich voll. Dabei warf er eine Erdbeere nach der anderen aus einer frisch gekauften Plastikschale ein. Er wollte Geld, weil er angeblich verhungere. Wenn ich mir aber überlege, dass er recht gut angezogen war und außerdem Erdbeeren, die auch hier nicht Saison haben und daher teurer als andere Sachen sind, aß, um nicht gleich ohnmächtig zu verschmachten, fand ich das ganze irgendwie unlogisch und ging auch auf ihn nicht weiter ein. Die Freude an meinem Aufenthaltsort hatte sich aber auch hier gerade durch sein aggressives Einwirken gelegt.

Wirklichkeit und Abbild
Wirklichkeit und Abbild

Auf dem Heimweg kam ich dann wieder an einem Schild vorbei, auf dem stand „Salta si puedes“. Spring, wenn du kannst. Ich glaube, das ist ein Restaurant. Sah aber jedes Mal sehr verschlossen drein. Auf jeden Fall habe ich mir überlegt, dass es eigentlich schon sehr lange her ist, seit ich nicht mehr springen kann. Du Springinkerl, sagte mein Opa anfangs oft zu mir. Aber irgendwann wird man alt und die Gummiballeigenschaften lassen nach. Das fing 2013 mit der Bandscheiben-OP an. Sehr schade. Danach war ich einmal beim Tanzen und war richtig gut drauf und hatte jede Menge Energie, ich erinnere mich, dass ich da gesprungen bin wie ein junger Hupfer. Aber inzwischen springe ich ungefähr so gut wie eine Schildkröte. Traurig, aber wahr. Wenigstens springe ich im 1. Gang noch zuverlässig an, wenn auch nicht weit.

Ich (Letteratour), nicht mehr sprungfähig
Ich (Letteratour), nicht mehr sprungfähig

© 2024 Manuela Hoffmann-Maleki (Letteratour) – Ich. Einfach unver-besserlich.