Heute hab ich erstmal weiter meine Wunden geleckt, bzw. mit meiner ungleichgewichteten Wirbelsäule möglichst platt im Bett gelegen, damit sie sich aushängt. Judith und ich haben beschlossen, dass das Wort Shavassieren Einzug in den Duden halten musst. Heute habe ich mich dafür wieder inaktiv eingesetzt. Als ich dann das Gefühl hatte, es geht wieder so halbwegs, hab ich mir einen halben Weg zugemutet, nämlich bis zum Strand, wo heute immer noch die Brecher brechen und die Wogen wogen.
Unterwegs bemerkte ich, wie das Lenken in den Serpentinen mir weh tat, also möglicherweise ja auch zu dem Schmerzgeschehen ursächlich beigetragen hat. Ich lehnte mich am Strand an die Mauer aus groben Natursteinen und probierte mal, ob mir ein herausstehender Stein in passender Größe Linderung am Schulterblatt verschafft. Das ging eine Zeitlang ganz gut, aber dann musste ich mich doch hinlegen, um in meinem Buch weiterzuschmökern. Es zog und zog sich (ist immer noch dasselbe), so dass ich einschlief. Dann war es schon Zeit, zurückzukehren, denn heute hatte ich wieder Schreibworkshop.
Den habe ich dann gut hinter mich gebracht. Als der Zoom anfing, knallte mir die Sonne gerade noch voll in die Augen, während es in Deutschland schon Nacht war, aber später fiel der Vorhang der Dunkelheit auch bei mir in aller Schnelle herunter und sofort kam der Nachtwind auf, der mich etwas auskühlte. Die verkrümmte Haltung durch das Frieren scheint irgendwie gut getan zu haben, denn jetzt gerade ist es relativ gut.
Im Schreibworkshop kaute ich zum wiederholten Male den Unfall in Indien durch, was meine friedliche Stimmung etwas ins Wackeln brachte. Es ist halt immer noch schlimm, genau an den Moment zu denken, in dem es geschah. Auch wenn ich nun schon mehrfach drüber geschrieben habe, was normalerweise die Dinge ins Lot bringt.
Im Lauf des Vormittags hatte ich heute jedoch eine eher niedliche kleine Geschichte kreiert, die zu dem noch weiter überarbeiteten Kritzelkrakel von Leons letztem Kurs gehört. Hier ist sie samt Bild und freut euch wahrscheinlich mehr als meine Unfall-Story:
Während ich an meinem Diabolo-Menthe nippte, gesellte sich ein Flamingo zu mir. Wir hatten uns noch nie zuvor gesehen. „Darf ich auch mal probieren?“, fragte er mit träger Mittagsstimme. Völlig überrascht hielt ich ihm mein Glas hin, und er tauchte seinen Schnabel ein. „Aaaaah, wie gut das tut!“, seufzte er mit schnarrend-gedehnter Stimme.
Dann begab er sich in den Schatten des nächsten Sonnenschirms und schlug elegant ein Bein über das andere. Kurze Zeit später schlief er ganz offensichtlich bereits, vollständig im Gleichgewicht mit sich selbst.
Ich bestellte mir einen zweiten Diabolo, dann einen dritten, da mein Körpergewicht wesentlich höher als seines war. Der Kellner weckte mich zum Schichtende.
Und hier erfolgen wieder seltsame Koinzidenzen… Kaum schrieb ich vom Diabolo-Menthe, bekam ich eine Nachricht von dem Freund, mit dem ich damals in Frankreich war, und mit dem ich 2023 Kontakt wiederangeknüpft hatte. Mit ihm hatte ich dieses Getränk in Besançon täglich getrunken. Seit Ende 23 schlummerte der Kontakt aber wieder friedlich. Und genau heute meldete sich mein alter Freund aus Frankreich und berichtete, dass meine Worte ihm so geholfen hätten, dass er durch meinen Input es geschafft hätte, nun bereits zwei Monate rauchfrei zu sein, denn ich hatte ihm gesagt, es lohnt sich, das wieder anzugehen. „Ich bin überzeugt, du schaffst es“, hatte ich geschrieben.
Es freut mich sehr, dass er sich darüber ernsthaft Gedanken gemacht hat. So kann ein jeder Mensch mit dem was er sagt, für einen anderen eine Inspiration sein, selbst wenn er selber schon längst vergessen hat, dass er überhaupt zu dem Thema was geäußert hat. Also, falls jemand von euch mit dem Rauchen aufhören wollte, und es zum Stichtag 1. Januar nicht hingekriegt hat – es ist egal, wann man diesen Vorsatz fasst – es ist eine Angelegenheit, die man hinkriegen kann. Ich habe es am 21.7.2010 in Angriff genommen und bis jetzt durchgehalten. Davor hatte ich drei Schachteln täglich geraucht. Das war schon ein Einschnitt!
Das Problem ist nur, dass man drei Tage durchhalten muss. In diesen drei Tagen geht es halt nur um die 1. Zigarette am Tag. Die darf man nicht rauchen. Und wenn der 3. Tag vorbei ist, ist der Drang am 4. Tag überhaupt nicht mehr so groß. Ab da geht es nur noch darum, dass neue Situationen unverhofft dazukommen können, in denen man bislang immer eine geraucht hat, z.B. bei einem Stammtisch draußen vor der Tür, beim Heimweg vom Konzert oder am Flughafen nach der Landung, so Sachen, die einem im Alltag halt nicht ständig, sondern in größeren Abständen passieren. Und wenn man jede erste solche Situation überstanden hat, ist die zweite kein Problem.
Trust me, ich hab das mehrfach gemacht, aus wohlüberlegten Gründen, aber auch mehrfach minus eins wieder angefangen. Aus ausschließlich saudummen Gründen. Wie: „dir werde ich‘s zeigen, wenn du mich so ärgerst, dann rauch ich halt wieder. Sieh, was du mir angetan hast!“ Wer dann am meisten drunter gelitten hat, dass er hustet, sich schwach fühlt und einen Haufen Kohle verpulvert, ist dann ohnehin klar.
Nun gut, ansonsten habe ich von der Insel heute nichts zu berichten, außer dass es ein bissel windig ist. Dass meine Blumen aufgehen. Und nebenan La Gomera liegt, wo Jarka herumklettert und fragt, ob ich auch rüberkomme.
© 2024 Manuela Hoffmann-Maleki (Letteratour) – Ich. Einfach unver-besserlich.
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