Geburtstagsmalfeier

Wasserfarben

Heute war mal wieder Frühaufstehertag, jedenfalls früh für mich, denn 9 Uhr ist normalerweise noch meine Schlafenszeit. Ich habe es aber hingekriegt und war dann um 11 am Hafen, um mich mit der heutigen Malgruppe von Leon zu treffen. Wir machten mal wieder kurzweilige Übungen im Gehen und Pollersitzen und kritzelten wild herum, um uns locker zu machen. Eine Teilnehmerin hatte Geburtstag und es gab sogar Sekt und selbstgebackene Quiche. Wie schön! Derart beschwingt ließ Leon uns dann auf die Schiffheit los. Irgendeine Szene aussuchen und dann loslegen. Ich habe mich heute tatschlich ordentlich reingesteigert und die gesamte Zeit nur mit einem einzigen Bild von einem im Hafen liegenden grünen Ausflugsschiff verbracht. Damit werden Delphinbeobachtungstouren gemacht. Leon kam immer wieder vorbei und gab mir Tipps, wo ich noch etwas verändern konnte, bis die Zeit dann um war. Besprechung!

Leon und Malkünstlerinnen incl. Geburtstagskind
Leon und Malkünstlerinnen incl. Geburtstagskind. Ausnahmsweise ähnliche Bilder heute für Euch, aber hier ist halt auch mal Leon gut zu sehen.

Die Bilder unterschieden sich heute sehr stark. Eine Teilnehmerin hatte so wunderschön das wässrige Schwirren des Meeres eingefangen in überwässerten hellen Farben und großstofflichen Kohlefragmentexplosionen, die wie Masten wirkten, denn nichts anderes kann es ja sein, wenn das andere, was auf dem Bild dominiert, von der Farbe her unbedingt Wasser sein muss. Es gelang ihr, mit minimalem Aufwand den maximalen Effekt zu erzielen. Auf diese Weise hatte sie etliche Blätter vermalt, eines schöner als das andere.

Mein Bild von einem Delphintourschiff
Mein Bild von einem Delphintourschiff

Mein eigenes Bild wuchs aus der spielerischen Farbfreude und erst noch wie absichtslos perspektivfrei übers Blatt verstreuten, nur angedeuteten Linien in eine immer deutlicher nachgezogene Farbenpracht heran, die letztendlich durch Verdunkelungslinien dramatisiert wurde und sich aus dem Träumerischen ins Gegenständliche wandelte. Auch wenn es noch nicht überall Hand und Fuß hat, lassen die Konturen nun Sinn drin entdecken. Durch das Nacharbeiten von kleinen Details wurde es immer handfester, wenn auch eher realitätsferner. Ein genaues Abbild des Gesehenen war ja auch nicht das Ziel. Die Farben versüdseelichten sich zusehends in Eigenregie und tauchen jetzt schon fast in eine Disneyästhetik ein. So schwankte also die Bandbreite im Kurs von lichtstrotzender Simplifizierung und Auflösung bis zum comicartig umrandeten Cartoonismus auf meinem Blatt. Heute bin ich fast zufrieden mit meinem Bild!

Dann fuhr ich auf die andere Hafenseite, wo die Restaurants sind, und gönnte mir eine Portion Ziegenfleisch, was ich nicht zur Nachahmung empfehle. Es war nämlich zu meiner Überraschung eine Suppe mit einer Menge Knochen drin und nicht so sehr viel Fleisch. Dazu die üblichen Runzelkartoffeln. Präsentation ned so gut, und Geschmack auch nicht so sehr viel besser. Zu wenig Spannendes drin, ich habe mal wieder das Gefühl, ich selbst koche leckerer. Außerdem hatte ich in Venezuela mal Ziege mit Zitrone und Runzelkartoffeln. Mei war das gut… Kein Vergleich. Und kein Viertelliter Wasser dabei.

Ziegengericht  mit  frischem Honigmelonensaft
Ziegengericht mit frischem Honigmelonensaft

Als ich dann aufstand und weiterging – wen treffe ich da? Leon, an einem Tisch mit zwei anderen Teilnehmerinnen. Ja, er macht grad noch einen Kurs, ob ich auch will? Sie hatten schon vor einer halben Stunde angefangen, die Kritzelübungen waren schon durch, aber doch, ja, ich wollte! Und ich habe mich nochmal hineingesteigert!

Mein Bild von zwei Frauen, die in Windeseile einpacken müssen, weil das Meer ihr Picknick erwischt hat
Mein Bild von zwei Frauen, die in Windeseile einpacken müssen, weil das Meer ihr Picknick erwischt hat

Heute hab ich das Malergen gehörig angestupst. Vielleicht ist es ja jetzt aufgewacht. Wenn ich meinen Telomeren täglich vorsinge: Ich bin eine Künstlerin, ich bin eine tolle Künstlerin – vielleicht glauben sie es mir ja mal und schalten das schnarchnasige Kunstgen auf Empfang und volle Funktion. Andere Leute fallen auf den Kopf und wachen als Savant wieder auf. Plötzlich können sie unglaubliche Dinge. Die Möglichkeit besteht also theoretisch. Naja. Sogenannte erstaunliche Inselbegabte gibt es weltweit etwa 100. Die haben dann einen IQ unter 70. Das ist jetzt auch nicht erstrebenswert. Außerdem sind 6 von 7 männlich. Das alles behauptet Wikipedia. Also – versuchen wir es mal lieber mit gesundem Mittelmaß. Eigene Zufriedenheit als Maß der Dinge! Mit meinem Meeresbild nach einem Foto von kürzlich bin ich auch happy. Es hat sich auch verselbständigt, ist aber irgendwie in sich schön, finde ich. Feuer über dem Meer, zwei Frauen, die hastig ihre Sachen wegbringen müssen, weil sie geflutet wurden.

Ansonsten gönnte ich mir heute drei Kilo Obst von einem fahrenden Händler, der da unten am Hafen stand sowie fünf wunderschöne Blumen, alles zum Spottpreis, später ein Eis und einen Sonnenuntergang über der Bucht, wo die Wellen immer noch heranbretterten, als wollten sie die ganze Welt überfluten und sich weit über die Hafenmauer hinweg ausbreiten, was sie zum Glück nicht schafften, denn auf der Mauer saß ich und ein Stückchen weiter Leon, der dieselbe Idee wie ich hatte, wenigstens auch vom Sonnenuntergang zu profitieren. Heute sagte die Frau, die jetzt fünf Monate und 11 Tage auf der Insel ist: jeden Morgen Sonnenaufgang und jeden Abend Sonnenuntergang, was gibt es Herrlicheres, davon werde ich nie müde! Geht mir auch so.

Jarka ist inzwischen auf Teneriffa gelandet und weitergeschippert nach La Gomera, was ich bei diesem Seegang vermieden hätte, aber wenn man nur eine Woche Zeit hat, möchte man halt keine Zeit verlieren, und sie verspürt den Ruf dieser Insel. Ich bin gespannt, was sie für Jarka in petto hat. Auf jeden Fall jede Menge romantische Himmelsstunden.

© 2024 Manuela Hoffmann-Maleki (Letteratour) – Ich. Einfach unver-besserlich.

Zurück

Fremd- und Selbstbeobachtung

Nächster Beitrag

Fleißaufgaben

  1. Gisela

    Beide Bilder gefallen mir gut obwohl es ein unterschiedlicher Stil ist.. Vor allem sind es ganz unterschiedliche Stimmungen.

    • Manuela Hoffmann-Maleki

      Danke für dein positives Urteil! Ja, ich probiere Verschiedensten aus. Macht einfach Freude!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén