Drauf pfeifen in drei Variationen

Tadaa, da bin ich wieder, falls mich jemand vermisst haben sollte! Habe es doch geschafft, wieder aufzustehen, nachdem ich mich – total ausgepowert wie mein Handy – hingelegt hatte. Jetzt ist es halb 12 nachts. Gute Zeit zum Aufstehen! Noch ist es jedenfalls heute. Erledigt habe ich: Zahlung meines kostspieligen Strafzettels in der Cajasiete. Das hat ganz schön lange gedauert. Ich hatte vermutet, dass das dort Standard wäre, dass jemand kommt und so etwas von denen erwartet, aber anscheinend bin ich die Einzige, die in Tazacorte Strafzettel bekommt. Und dann hat der Angestellte meine ganzen Vornamen für meine ganzen Nachnamen gehalten und musste alles erst mal von mir absegnen, dann stornieren lassen und dann noch mal von vorne machen. Puh. Jetzt bin ich schuldenfrei. Wenn auch mir immer noch keiner Schuld bewusst.

Danach ging es Serpentinen hoch wie immer. Je länger ich herumfuhr, um so unfroher wurde das Wetter hier. Grau, diesig, verhangen. Dann kam der Tunnel. Ich vermutete also, am anderen Ende wäre dann das Licht, wie üblich, aber nein, heute waren beide Seiten nicht gerade freundlich gestimmt. Als ich aus dem Auto ausstieg, musste ich mir gleich mehrere Jacken von meinen Zwiebeloutfits anziehen.

Leider war in der Zwischenzeit bei meinem Auto schon wieder eine Warnleuchte angegangen. Ich konnte wen bei der Autovermietung erreichen und bekomme morgen, obwohl sie da nicht arbeiten, und nicht in Santa Cruz, sondern in Los Llanos, was ein ganzes Stück entfernt ist, ein anderes Auto. Das ist dann natürlich völlig mackenfrei und fährt super und ist gegenüber meinem jetzigen Auto noch ein Upgrade. Manifestieren wir das mal bitte!

Wo ich heute hinfuhr, ist der Rastro-Kulturflohmarkt in Breña Alta. Ich hatte Schwierigkeiten, diese Finca la Principal zu finden, sie liegt etwas merkwürdig. Aber im zweiten Anlauf gelang es dann. Leider war ich offenbar zu früh da. 14 Uhr fängt das an, ich kam so gegen Viertel vor 3, und man sagte mir: ja, aber das ist doch Spanien! Um 17 Uhr ist dann hier was los, und da gibt es auch Live-Musik. Bloß – was sollte ich da tun bis 17 Uhr, wenn noch nichts geboten ist? Ich kaufte also Mangosaft und Mangomus, drei Strelitzien und zwei Feldfrüchte, die ich noch nie gesehen habe, und die angeblich wie Kartoffel schmecken sollen – eine andere Person sagte, wie Kohlrabi. Heißen tut das Zeug Chayota. Stachelgurke oder Gemüsebirne übersetzt sich das angeblich. Ich werde berichten, ob man es essen kann.

Chayota-Frucht
Chayota-Frucht

Da ich Hunger hatte, habe ich auch die dortige Küche geplündert. Es gab nur kalte Sachen, aber wenigstens einen sehr schönen Platz zum Sitzen in maurischem Ambiente.

Nette "Höhle" zum gemütlich sitzen
Nette “Höhle” zum gemütlich sitzen

Dann wollte ich aber nicht die Zeit bis zum Musikbeginn da absitzen und sah nach, was in der Nähe ansehbar wäre. Ich fand einen kleinen Zoo, der eine Auffangstation für weggegebene, gefundene oder z.B. vom Lavafluss entheimatete Tiere ist: Maroparque. Der Eingang befand sich in einer steil nach unten führenden engen Straße, wie ich auf dem Rückweg bemerkte, die einen weit ab vom Schuss führte. Aber egal, ich hab es gefunden und für 10,40 Euro durfte ich hinein und nochmal für 2,50 Euro oder so Futter für Tiere kaufen.

Erstaunlich viele Vögel waren da weggegeben oder vom Vulkanausbruch vertrieben worden, zwar grad noch zählige, aber reichlich Papageien, Aras, hübsche Vogelarten, Pfauen unterschiedlicher Farben, Krähen, Erdmännchen, Wiesel oder so etwas, Reptilien, Schildkröten, Schlangen und sogar ein Stachelschwein und zwei kleine Kängurus, davon eines ein Albino. Die kamen mir beide merkwürdig vor, sie schlichen seltsam vor sich hin, und zwar mit allen 4 Beinen am Boden, was sehr unkänguruisch tollpatschig wirkte. Vielleicht haben sie einen Käfigkoller, auf jeden Fall kamen sie mir nicht wirklich lebensfroh vor. Auch einer der Kakadus hatte sich alle Federn im Brust- und Rückenbereich ausgerissen, hatte aber noch einen wunderbaren gelben Federschmuck am Kopf, den er für mich aufstellte.

Es gelang mir, mit einigen der Vögel zu kommunizieren. Das war lustig, der eine pfiff mir was vor, und ich pfiff nach. Als ich dann modulierte, änderte er auch seinen Gesang. Er wollte sich das aber nicht aufoktroyieren lassen und fing dann wieder in der alten Schiene an, und als ich weiterhin kreativ blieb, passte ihm das nicht, und er verstummte. Mit den riesigen Krähenvögeln konnte ich auch mittuten, sie hatten nur jeweils einen Ton drauf. Ich einen dritten.

Es gab auch mir gar nicht sympathische Kapuzineräffchen, die ich nicht füttern wollte, denn da habe ich als Vierjährige was Schlimmes erlebt mit einem Schimpansen, der meinen Arm in den Käfig hineinriss und mich in den Oberarm biss, als ich ihn mit einem Butterkeks fütterte. Vom Affen gebissen stimmt also bei mir. Außerdem hatte ich heute einen Vogel. In einigen Volieren waren die Papageien nämlich sehr zutraulich und rissen sich um Erdnüsse (alles andere war ihnen völlig schnurz, was in der gekauften Box war). Die kamen dann und besetzten einen, und wenn man nicht spurte und was hergab, fingen sie auch an, an Ketten zu kauen. Zum Glück war ich heute nicht behängt, aber an meinem Hexenmantel haben sie sich schon vergriffen.

Als ich mit dem Zoo fertig war, spielte gewiss längst die Band auf dem Kulturmarkt, aber mein Handy hatte schon wieder Akkusausen dank meiner Fotografiererei und mein Magen war auch nicht mehr so ganz zufrieden von dem bissel Kleinkram heute. Also machte ich mich auf den Weg, solange das Handynavi mir noch irgendwas sagen konnte. Bis zur Hauptstraße irgendwo oben am Berg musste ich ja noch kommen (und stellte dann fest, dass ich halt erstmal ganz hinunterfahren muss, um dann hochzukommen).

Schließlich fand ich dann bei El Paso ein Restaurant, das mir auf dem Hinweg schon heimelig erschienen war, ein Grillrestaurant La Cascada. Wahrscheinlich gehts bei der Cascada um die Wolkenwasserfälle von den Bergen. Heute waren sie jedenfalls da. Ich probierte es nochmal mit der Ziege, nachdem der nette Kellner (irgendwie erinnerte er mich an Sheldon) mir versichert hatte, dass das nicht wieder eine Suppe sei.

Allerdings brach die Ziege dann auch nicht alle Geschmacksrekorde, sondern war zwar butterweich und im Zerfallsstadium, aber eher identitätslos gewürzt, so dass ich nach Salz und Zitrone verlangte und sie mir geschmacklich korrigierte. Auch Yucca hatte ich dazu bestellt. Die kam in frittierten Stäbchen, die zwar enthungernd, aber ebenfalls völlig geschmacksneutral waren. Manchmal frage ich mich, ob Corona mein Geschmacksempfinden damals so dauerhaft gestört hat, oder ob die hier auf der Insel echt so lasch würzen.

Wolkenwasserfall hinter dem Cascada-Restaurant
Wolkenwasserfall hinter dem Cascada-Restaurant

Da es mir nicht so sonderlich geschmeckt hatte, kredenzte der Kellner, der recht volle Teller abräumen musste, mir aus Sympathie zum Nachtisch eine Banane, die jetzt hier zuhause auf morgen wartet. Ohne Navi, das inzwischen den Geist aufgegeben hatte, habe ich es dann wieder zurück geschafft und mich erstmal warmzittern müssen. Ein Spaghettiträgerkleid war heute wohl in Tazacorte noch geeignet, aber sonst leider nirgends, wo ich war.

© 2024 Manuela Hoffmann-Maleki (Letteratour) – Ich. Einfach unver-besserlich.