Heute früh sah das Meer noch verzweifelter drein als gestern, wo es nicht mehr wusste, in welche Richtung es sich bewegen sollte. Deshalb hat es sich dann gleich in drei Farbsegmente aufgeteilt, ob der nächtlichen Dauerauspeitschorgie durch Sturm und Regen. Das sah durchaus interessant aus. Nachdem es endlich aufgehört hatte, zu schütten, machte ich mich auf, zu zivilisierter Zeit das Bananenmuseum anzuschauen (es nervt, dass ab 14 Uhr alles zu ist). Das war eine gute Entscheidung, abgesehen davon, dass man dort auf warmes Wetter eingerichtet ist, und deshalb Tür und Fenster sperrangelweit offen hat, auch wenn der Wind eisig ist und das Wasser in Strömen vom Dach prasselt.

Die Trikolore im Meer
Die Trikolore im Meer

Wenn jemand nicht gerne Texte liest, soll er bitte diesem Ort fernbleiben, denn abgesehen von den Bananenfeldern vor den Fenstern gibt es eigentlich wenig anderes zu sehen außer Texttafeln auf Spanisch und Englisch. Die sind jedoch ziemlich interessant. Ich blieb so lange, dass der Museumswärter zusperren wollte und mit Erstaunen feststellte, dass ich immer noch da war. Allerdings meine Hauptfrage, ob es hier eigentlich in den Bananenplantagen auch diese miesen Giftspinnen gibt, vor denen meine Mutter mir in Bezug auf Bananen immer Angst gemacht hat, wurde nicht geklärt. (Ich habe bei Bananen auch alle dunklen Enden und schwarzen Stippchen rausgepult, es könnte ja eine verkappte Spinne sein.)

Blick aus dem Fenster des Museums
Blick aus dem Fenster des Museums

Die letzten vier Jahrzehnte aß ich keine Bananen mehr, seit ich einmal einen Herzkasperl davon gekriegt hatte. Da ist viel Kalium drin, und irgendwie hat mir das damals nicht gut getan. Man hatte nämlich zuvor anlässlich einer OP festgestellt, dass ich viel zu wenig Kalium in mir hätte, und somit hatte ich begonnen, schachtelweise getrocknete Aprikosen und getrocknete Bananen zu essen. Dann bekam ich schlimme Herzrhythmusstörungen. Ich war damals 21. Das hat mich schon sehr erschreckt, zumal ich während des Abiturs auch eine Episode hatte, wo ich so was ähnliches wie einen Herzinfarkt hatte, jedenfalls vom Schmerz her, Schweißausbruch, das Gefühl, auf brutal schmerzhafte Weise zu Tode gebracht zu werden. Herz war bei mir schon als Kind der Knackpunkt. Inzwischen hat es dank meiner Männergeschichten bereits so viele Knackse abgekriegt, dass da nix mehr knacken kann. Nur noch bröseln.

Hier auf La Palma habe ich wieder angefangen, Bananen in meine Mahlzeiten zu integrieren, getrocknete, gebratene, rohe sogar, vor denen ich besonders Manschetten hatte. Bisher geht es gut.

Doch zurück zum Museum. Die Bananen haben mit etlichen Schädlingen zu kämpfen, Läuse, Pilze, rote Spinnmilben, aber von den großen Spinnen war nirgendwo die Rede. Wäre doch nett gewesen, eine Vitrine mit mumifizierten Fundstücken aufzustellen, aber es standen bloß überall Giftspritzen und Waagen herum. Vielleicht gibt es hier auf La Palma auch diese Spinne gar nicht. Wäre beruhigend. „Schlangen, Skorpione und andere giftige Tiere kennt man nicht auf La Palma“, behauptet das Internet. An Spinnen höchstens die Zebra- oder Wespenspinne. Die hatte ich daheim auch schon im Garten. Sie ist sogar recht hübsch und für den Menschen nicht gefährlich.

Im Übrigen wurde auf einem Aushang behauptet, die riesigen lilanen Bananenblüten, die mich ja so faszinieren, und aus denen die Bananen entstehen (aus den weiblichen, es gibt aber auch funktionslose männliche und Hermaphroditen), seien nur als Viehfutter zu nutzen. Dabei sind sie ja in Afrika als Medizin gegen Husten, laut Internet auch als Tee gegen Depression und Angstattacken geeignet, sind gut gegen Diabetes und Anämie und eignen sich als Antioxidans gegen die bösen freien Radikale. Sie werden in anderen Ländern gekocht und dank ihres Pilzgeschmacks sehr geschätzt. Hier z.B. ein Rezept, das mir Judith heute aus ihrem Kochkurs in Sri Lanka übermittelt hat:

Curry aus Bananenblüten

250 g Bananenblüte

100 g Tomaten

Zwiebel

Gehackter Knoblauch

Curryblätter (oder Bockshornklee)

1 TL Kokosöl

½ TL Curcuma

½ TL Currypulver

¼ TL Chilipulver

1 TL Salz

250 ml Kokosmilch

Bananenblüte dünn schneiden. Kokosöl in der Pfanne erhitzen. Gehackte Zwiebel, Knoblauch, Curryblätter zufügen. Wenn es heiß genug ist, alle weiteren Gewürze einmischen und unter Rühren weiterbraten. Dann die Bananenblüte und geschnittenen Tomaten mit der Kokosmilch hinzufügen und 20 Min. bei mittlerer Hitze köcheln. Abschmecken. Fertig!

Wird bloß daran scheitern, dass Ihr in Deutschland eher keine Bananenblüten auftreiben werdet. Ist ja schon auf La Palma an der Quelle ein ungewöhnliches Anliegen. (Ihr könnt sie ja großzügig durch irgendetwas anderes ersetzen. Karottenstreifen und Bambussprossen aus der Dose vielleicht? Die brauchen aber keine 20 Minuten.) Die Blüte schneiden sie 15 Tage, nachdem das Bananenbündel sich entwickelt hat, ab. So ein Riesenbündel Bananen wiegt etwa 45 kg, es gibt auch Pflanzen, bei denen gleich 60 kg zusammenkommen.

Deshalb muss der Pflanze auch geholfen werden, die Bananen oben zu halten. Sie werden also durch Holzkrücken, heutzutage Eisenstäbe gestützt. In modernen Anlagen, werden die Bananen dann oben am Metallgestänge angebunden, also quasi abgehängt. Das sind diese hässlichen Gewächshäuser, die überdacht und mit einer Art scheußlicher weißer Bandagen ummantelt sind, und diese verschandeln hier überall die Landschaft. Man macht das aber so, weil dadurch der starke, hier herrschende Wind abgehalten wird, der die Stauden umwerfen kann, wodurch sie dann 2 Jahre nichts mehr werden. Die Planen sorgen auch dafür, dass drinnen die Temperatur höher bleibt und weniger Wasser benötigt wird, was auf dieser Insel ja ohnehin ein Problem ist. Überhaupt werden hier lauter Pflanzen angebaut, die sehr viel Wasser benötigen, z.B. auch unglaublich viele Avocados -aber im Normalfall – wenn ich nicht hier bin – regnet es hier schon fast gar nie – 3600 Sonnenstunden gibt es hier im Jahr.

Hier in Tazacorte baut man sehr gerne eine Sorte an, die Small Dwarf (Kleiner Zwerg) heißt, weil die nur etwa 2,5 Meter hoch wird, was natürlich praktischer zu pflegen und ernten ist, während andere Sorten bis zu 8 m hoch wachsen. Das war z.B. bei der Gros Michel Sorte der Fall, die aber aufgrund der Panamakrankheit (ein Pilz), die weltweit bei diesem Typ auftrat, inzwischen nicht mehr angebaut wird.

Die einzelnen Bananen in einem Bündel werden dann als „Hände“ mit 15-20 Bananen separiert, die man übrigens Finger nennt. Netterweise werden die Bananen dann, die vorher möglicherweise als Biobananen angebaut wurden, in der Verpackungsanlage (wo ich ja gerade auf Besuch war) mit Fungizidwasser gewaschen. Also spätestens hier ist es dann aus mit Bio. Im Reifungsraum werden sie dann mit Ethylen begast.

Im Museum las ich natürlich sehr viel Interessantes nicht nur über die Aufzucht von Bananen, Ernte, Verarbeitung, Sorten, Gesellschaften, die sich damit bereicherten (Fyffes z.B.), sondern auch zur Lebenssituation auf La Palma, Geschichte, Politik, Problemen wie der Auswanderung. Auch bekam ich ungefragt Informationen über den Bürgermeister, nach dem meine Straße hier benannt ist, an deren Ende ein Marterl für ihn steht: 1925 machte sich der Lehrer Miguel Medina Quesada erfolgreich für die Unabhängigkeit des Ortes Tazacorte von Los Llanos stark und wurde dann zum Bürgermeister erkoren.

Das Marterl für den Bürgermeister Miguel Medina Quesada
Das Marterl für den Bürgermeister Miguel Medina Quesada

Die Bananen mit 90 Kalorien in 100 Gramm enthalten ungefähr alles, was der Mensch so braucht, jede Menge Vitamine (A1, B1, B2, B6, B9=Folsäure und B12, C wie Tomate und Orange, Vitamin E), Eisen, Zink, Phosphor, Kalium, Calcium, Magnesium und Ballaststoffe.

Wegen des Kaliumgehalts regulieren sie den Blutdruck und verringern das Herzinfarktrisiko um 40% (bei vernünftiger Dosierung, nicht was ich gemacht hatte). Außerdem kann man, wenn man Bananen isst, leicht mit Rauchen aufhören, weil dann weniger Entzugserscheinungen auftreten. Sie sind auch gut für die Nerven, wenn man unter Stress steht (wegen des B6) und helfen gegen Depressionen (Tryptophan). Eine Banane zu essen hilft auch gegen Sodbrennen und ist gut für die Verdauung (auch gegen Magengeschwüre). Gegen Kater verwende man einen Milchshake aus Banane mit Honig. Und gegen Arthritis hilft unser Universalgenie auch noch.

Nach den Museum aß ich was bananenfreies neben dem Meer, wobei mir fast das Essen vom Tisch flatterte, es war extrem windig. Dann sammelte ich ein bisschen Schwemmholz am Strand, bewunderte wieder die riesigen Wellen und lauschte dem Konzert des Windes in der flappenden Fahne, deren Schnur in immer veränderlicher Weise rhythmisch und schon fast melodisch an die Stange klopfte. Zum Abschied vom Strand für heute ließ ich meine Liebe zum Meer mal ablichten, da steht dieses wunderbare LOVE-Schild ja nicht, um ungesehen zu bleiben.

Abends dann wieder mein Zoom mit meinen lieben Getreuen. Wieder sorgen wir für mehr Freude im Leben jeder Teilnehmerin. Jawoll!

© 2024 Manuela Hoffmann-Maleki (Letteratour) – Ich. Einfach unver-besserlich.